Norditalien und Cote d'Azur

Baden-Württemberg

Vom Lago Trasimeno (Umbrien/Italien) bis nach Sant Antonio de Calogne (Costa Brava/Spanien) sind es 1130 km. Der Weg führt zumeist durch dicht besiedelte und touristisch hervorragend erschlossene Gebiete wie die Ligurische Küste in Italien oder die französische Cote d’Azur. Entsprechend änderte sich der Charakter unserer Abenteuer.

Jetzt galt es nicht mehr, dem Gott der Unterwelt zu entkommen, sondern die richtige Autobahnabfahrt zu finden. Wir hockten über unseren Büchern und suchten nach günstigen Zeltplätzen. Das Wetter wurde immer besser und das Wasser in den Swimmingpools immer wärmer. Also arrangierten wir uns mit der Situation und begannen den längsten Badeurlaub unseres Lebens. Dieser dauert im Moment noch an.

Unser erster Zeltplatz lag am Lago Trasimeno an der Grenze zwischen Umbrien und der Toskana. Am nördlichen Ende dieses sehr flachen Gewässers hatte Hannibal die Römer in eine Falle gelockt und vernichtend geschlagen. Wir banden Hugo an 185 Luftballons (das hatten wir bei der Sendung mit der Maus gesehen) gaben ihm unsere Kamera und erhielten so dieses schöne Luftbild von unserem Zeltplatz (der rote Kreis markiert unser Wohnmobil).

Auf dem weiteren Weg durchquerten wir Florenz und machten einen Abstecher nach Pisa, um den schiefen Turm zu besichtigen. Irgendwie war dort überhaupt nichts los. Scheinbar ist der schiefe Turm nicht mehr so populär.

Wir schafften es auch endlich, einen Wohnmobilhändler zu finden, der unseren kaputten Wasserhahn in der Toilette reparierte. Da in Italien alles ein wenig länger dauert, verbrachten wir einen spannenden Vormittag auf dem Werkstattgelände von Caravan Rocetta. Dort türmten sich alte Wohnmobile, Wohnwagen, französische Enten und der alte Fiat von Herrn Rocetta. Diesen schloss Hugo sofort ins Herz und verließ das Auto in den folgenden 2 Stunden nicht mehr.

Nach Italien folgte Frankreich und die Cote d’Azur. Wir mussten zu unserer Bestürzung feststellen, dass es dort noch teuerer war als in Italien. Wir beschlossen deshalb, bei den Lebensmittelkosten zu sparen. Birgit erwarb eine Angel für die Kinder und nach ersten Trockenübungen stellte sich bei Hugo ein ungeahntes Talent für den wohl langweiligsten Sport der Welt (noch vor Schach) heraus.

Die Cote d’Azur war zwar teuer, sie hatte uns jedoch auch einiges zu bieten. Natürlich fehlte es nicht an azurblauen Wasser und schneeweißen Stränden. Auch die Zeltplätze waren erstklassig. Wir blieben meist länger als geplant, da es uns schwerfiel die tollen Rutschen, Wirlpools und Schwimmbecken hinter uns zu lassen. Aber, es musste weiter gehen.

Monacco, Nizza und Sant Remo blieben für uns bloße Abfahrten von der Autobahn. Unsere nächste Station war die Camargue, eine Sumpflandschaft im Rhonedelta. Auf Brachland zwischen endlosen Reisfeldern grasten die bekannten weißen Pferde und die gefürchteten schwarzen Stiere. Manchmal ließ sich ein Seidenreiher auf ihren Rücken nieder oder Flamingos mit schwarz-orangen Schnäbeln und gelblichen Knopfaugen stolzierten durch das flache Wasser. Auf unserem Zeltplatz mussten wir zum ersten Mal gegen blutrünstige Mücken kämpfen und winzige Tamariskenblüten verwandelten unseren Frühstückstisch in eine Winterlandschaft. Während eines 45 km Zeitfahrens stürzte ich beinahe über eine gut 1 Meter lange Äskulapnatter (leider schon totgefahren von einem Auto).

Am Himmelfahrtstag fuhren wir in Richtung Pyrenäen. Plötzlich verwandelte sich das sonst so ruhige Land. Die teueren Autobahnen waren mit einem Mal voll mit Autos. Auf den Zeltplätzen waren die meisten Stellplätze vermietet. Auf dem LIDL-Parkplatz hatte wir Mühe noch eine freie Lücke zu erhaschen. Was war geschehen?

Die Ferien in Baden und Württemberg hatten begonnen. Plötzlich fuhren wir Wettrennen mit Wohnmobilen aus Esslingen. Neben uns auf dem Campingplatz grillten Familien aus dem Rems-Murr-Kreis (Waiblingen). Im Waschschraum wurde Geschirr mit Spüli von Frauen aus Oldenburg gereinigt. Beim LIDL zerbrachen sich Ehemänner aus Freiburg darüber den Kopf, wo wohl das Bier zu finden sei. Während bisher auf jedem Zeltplatz die gelben Nummerschildern mit dem NL am linken Rand dominiert hatten, so waren es jetzt die weißen mit dem D und den drei schwarzen Löwen auf gelb-weißem Grund.

Wir waren uns einig, es hätte schlimmer kommen können. Wir stellten uns vor, wie es gewesen wäre, wenn nur Berlin/Brandenburg Ferien bekommen hätte. Oder Hamburg. Soviel unfreundliche Protestanten auf einen Haufen hätten wir nicht ertragen. Noch dazu in Frankreich, dem Land der förmlichen Freundlichkeit. Die Leute aus dem Ländle hingegen waren sehr auskömmlich, wenn auch etwas schwer zu verstehen. Hugo, der immer noch kein SCH sprechen kann, war tief beeindruckt von der großen Anzahl  Zischlauten die plötzlich um uns herumzischten.

Wie auch immer. Die Schwaben, Badener und all das andere Volk muss entweder mit den Spaniern auf Kriegsfuß stehen oder sie leiden an Höhenangst. Südlich der Pyrenäen herrschte jedenfalls wieder das gewohnte Bild. Die Rudi Carrells begrüssten uns wie immer gelassen aus ihren bequemen Liegesesseln als wir auf unseren ersten Langzeitcampingplatz in Sant Antoni de Calogne an der Costa Brava rollten.

Dann landete ein ganzes Bataillon Omas sowie ein einzelner Opa auf dem Flughafen von Girona. Diese wurden inklusive ihrer 100kg Gepäck sofort ins Zeltlager nach Sant Antoni verbracht. Unbeschreiblich glückliche Enkelkinder feierten einen großartigen 5ten Geburtstag und in Gedanken verweilten wir sogar bei Patenkindern im fernen Deutschland, die zur gleichen Zeit ihre Konfirmation begingen.

Jetzt erwartet das vereinte Europa den Beginn der Fussball WM. Wir freuen uns über die vielen ungesicherten Drahtlosnetzwerke und die Ganztagsbetreuung unserer Kinder. Am 11. Juni soll es weitergehen. Richtung Westen. Immer südlich der Pyrenäen bis zum Cabo Finisterre. In der Hoffnung wieder echte Abenteuer zu erleben.
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Der schiefe Turm von ??? ©


Zur Bestimmung freigegeben


Blühende Kastanien


Flavo der Flammingo


Quälende Sonnenunteränge am Lago Trasimeno ©


Theresa besuchte eine Elefantenshow


Klingelknöpfe in Florenz


Entpuppung


Hugo schlägt ein Ass ©


Die erste Grillparty und...


... die erste Erdbeere in 2006